Einzigartiges Experiment auf dem Chemnitzer Bahnhofsvorplatz
Am 3. Juni 2023 stand der Chemnitzer Bahnhofsvorplatz im Mittelpunkt eines einzigartigen Experiments. Die Garten- und Landschaftsarchitektinnen Andrea Alter und Hedda Schork luden die Chemnitzerinnen und Chemnitzer ein, den Bahnhofsvorplatz für sich neu zu entdecken und mit Stift und Farbe ihre Visionen zum Vorplatz des Chemnitzer Hauptbahnhofes auf Papier zu bannen.
Die Idee »Der Wanderplatz – Platzvisionen in Bewegung« entwickelten Andrea Alter und Hedda Schork gemeinsam mit den Mitgliedern des Arbeitskreises „Kulturhauptstadt Chemnitz 2025“ der Architektenkammergruppe Chemnitz. Die Projektidee erhielt im Sommer 2022 den Förderzuschlag im Rahmen der Kulturhauptstadt-Ausschreibung „Nimm Platz!“. In dieser wiederkehrenden Ausschreibung wurde dazu aufgerufen, kreative und gestalterische Ideen für neue Lieblingsorte in Chemnitz zu entwickeln, „die Gemeinschaft schaffen und kleine Plätze, Baulücken oder Brachflächen zu neuen Treffpunkten machen.“
Ganz bewusst wählten die beiden Garten- und Landschaftsarchitektinnen den Chemnitzer Bahnhofsvorplatz für ihre erste „Platzvision“ aus. Der Bahnhofsvorplatz ist eines der „Tore der Stadt“. Für Reisende und Gäste der Stadt steht er exemplarisch für den ersten Eindruck. Weit und leer bietet er weder einen warmherzigen Empfang für Gäste noch ein „Willkommen daheim“ für Pendler:innen und reisende Chemnitzer:innen.
Dabei braucht es gar nicht viel, um eine leere und triste Atmosphäre zu verändern. Allein das Stellen von Pflanzkübeln, von zwei Geodomen, ein paar Sitzmöbeln und viel Enthusiasmus können Wunder bewirken. Geodome, die die Chemnitzer Veranstaltungszentren C3 für dieses Projekt leihweise zur Verfügung stellten, sind kuppelartige Konstruktionen aus einer Gitterschale, bestehend aus Dreiecken. Professionelle Unterstützung erhielten Andrea Alter und Hedda Schork zudem durch Künstler:innen vom Kunst- und Kulturverein „Die Mühle“ aus Gersdorf, dem Holzkombinat, den Buntmacher*innen, der Stadtführerin Grit Linke und Stefan Tschök, der die Veranstaltung als Moderator begleitete. Eröffnet wurde mit einem musikalischen Beitrag der städtischen Musikschule und zum Abschluss spielte das Jugendblasorchester aus Thum. Außerdem stellte die Kuratorin vom smac, Christina Michel, die smac-App „Chemnitz.ZeitWeise“ vor.
Im Laufe des Nachmittags gaben die beiden Landschaftsarchitektinnen Einblick in ihre Herangehensweise als Planerinnen. Wie können ungenutzte Stadträume in Anziehungspunkte verwandelt werden? Was macht einen Ort aus? Was braucht er, um allen Funktionen gerecht zu werden, um Identität zu stiften, um Ansprüchen in der Zukunft gerecht zu werden?
Die beiden Garten- und Landschaftsarchitektinnen luden die Chemnitzerinnen und Chemnitzer ein, sich den öffentlichen Raum als Ort der Begegnung und des Austausches neu zu erschließen, den Blick der Reisenden einzunehmen, die das erste Mal in Chemnitz zu Gast sind, die Stadt kennenlernen und erkunden möchten. Gemeinsam mit den Planerinnen und den Künstlern konnten Bürger Ideen zur Platzgestaltung einbringen, den Platz auf Plänen selbst gestalten, Fragebögen ausfüllen und Ansichtskarten basteln. Kinder konnten ihre Ideen mit Kreide auf den Platz malen.
Projekt „Platzvisionen“ Ende August auf dem Seeberplatz
Das Projekt „Platzvisionen“ zog im August 2023 weiter. Nächste Station war der Seeberplatz, unmittelbar angrenzend an die Chemnitzer Markthalle und mit einem offenen Zugang zur „Chemnitz“. Anlässlich des Seeberplatzfestes ging es wieder um die Frage: Wie sollten öffentliche Räume gestaltet werden, um viele unterschiedliche Nutzergruppen anzusprechen und um die öffentlichen Räume zukunftsfähig und fit für den Klimawandel zu machen?
Begrünte und einladend gestaltete Plätze sind wichtig für das städtische Klima und bieten Raum für Entspannung und Regeneration. Denn sie verbessern das Stadtklima, bieten Pflanzen und Tieren wichtige Lebensräume, wirken dem Klimawandel entgegen und erfüllen als öffentliche Räume auch soziale Funktionen. Sie sind Erlebnis- und Begegnungsstätten zugleich. Sich an der frischen Luft bewegen, Sport treiben, sich auf Wiesen, unter schattenspendenden Bäumen oder direkt am Ufer der „Chemnitz“ ausruhen, sich treffen, miteinander ins Gespräch kommen zu können – wichtige Faktoren für ein grünes, nachhaltiges und resilientes, gesundheitsförderndes, interaktives Stadt- und Gemeinschaftsleben.
Für Andrea Alter und Hedda Schork ist es ein Experiment, dass sie gern in den kommenden Jahren fortführen wollen. So haben sie weitere Plätze im Blick, die sie mit den Chemnitzerinnen und Chemnitzern gemeinsam neugestalten wollen, zum Beispiel den Stefan-Heym-Platz, den Platz an der Alten Post, den Dresdner Platz und den Platz am Museum Gunzenhauser.