Strunz & Alter Rechtsanwälte PartG mbB
Bau- und Architektenrecht | Energierecht | Mietrecht | Telekommunikationsrecht
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz
Geschäftsführender Gesellschafter
Dipl.-Geograph | Stadtplaner AKS | Landschaftsplaner
Interview: Stadtplanung mit Fokus auf die Quartiersentwicklung
Derzeit ist vieles im Wandel. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Städtebau werden zunehmend kritisch betrachtet und es wird nach neuen Lösungsansätzen gesucht. Das trifft auch speziell auf die Entwicklung unserer Städte zu, die vor allem im Hinblick auf die Klimaveränderungen und der damit verbundenen, dringend notwendigen Dekarbonisierung und der parallel verlaufenden, demografischen Trends einen Wandel erfahren müssen. Viele Lösungsansätze legen dabei den Fokus auf die Entwicklung von Quartieren. Martin Alter, Strunz & Alter Rechtsanwälte PartG mbB, hat dazu ein Interview mit dem Stadtplaner Thomas Naumann, Geschäftsführer der Büro für Städtebau GmbH Chemnitz, geführt.
RA Martin Alter: Unter unseren Mandanten sind sehr viele Wohnungsunternehmen, die kurz- bis mittelfristig Lösungen für den energetischen Umbau benötigen. Was sollte aus Ihrer Sicht als Stadtplaner bei der dafür notwendigen Planung unbedingt beachtet werden?
Thomas Naumann: Die Wohnungsbauunternehmen sind mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Der Energetische Umbau ist eine davon.
Die Ziele der EU und der Bundesregierung sind klar: Der Gebäudesektor muss seinen CO2-Ausstoß bis 2030 um mindestens 60 Prozent senken und bis 2050 klimaneutral sein. Angesichts des hohen Anteils von Bestandsgebäuden und der langen Investitionszyklen stehen viele Wohnungsunternehmen vor einer immensen Herausforderung. Eine pauschalisierte Vorgehensweise gibt es nicht. Wichtig ist es, sich als Teil des notwendigen, energetischen Stadtumbaus zu begreifen. Städte unterliegen einem starken, sichtbaren Wandel. Ganzheitliche Stadtentwicklungskonzepte müssen entwickelt werden.
Der Grundstein für ein nachhaltiges Energiemanagement ist eine Bestandserfassung des Ist-Zustandes. Daraus können sowohl Einsparpotenziale als auch alternative Möglichkeiten zur CO2 neutralen Energie- und Wärmerzeugung abgeleitet werden. Kurz- und mittelfristige Lösungen zur Effizienzsteigerung bestehen in der Dämmung der Außen- und Kellerwände sowie der Dachflächen. Mit der Installation von photovoltaischen und solarthermischen gebäudebezogenen Anlagen lassen sich die Kosten für Mieter und Vermieter senken sowie Umwelt- und Klimaschutz unterstützen.
Die Vernetzung und Abstimmung verschiedener Akteure ist dabei von grundlegender Bedeutung. Damit ist ein koordiniertes Zusammenwirken von Wohnungseigentümern, Energieversorgern, Stadtwerken und kommunalen Verwaltungen gemeint. Jeder für sich allein ist den enormen gesamtgesellschaftlichen und städtebaulichen Herausforderungen nicht gewachsen. Die notwendige energetische Quartierserneuerung erfordert zudem die aktive Beteiligung und Einbeziehung der Bewohner. Das impliziert Sensibilisierung und Aufklärung über Ziele und Anliegen zum Klimaschutz, für die notwendigen Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie die Offenlegung von Einsparpotenzialen und Kostensenkungen.
RA Martin Alter: Welche Rolle spielt dabei die Quartiersentwicklung?
Thomas Naumann: In Quartieren zu denken und zu agieren ist natürlich einerseits sinnvoll, aber andererseits auch dringend notwendig. Das Pandemiegeschehen hat deutlich gezeigt, wie wichtig der persönliche Rückzugsort und das unmittelbare Wohnumfeld sind. Vielerorts wurde sichtbar, dass es im Quartier häufig an Dienstleistungsangeboten, aber vor allem auch an attraktiv gestalteten öffentlichen und halböffentlichen Räumen mangelt. Bewohner benötigen einladende wohnungsnahe Grün- und Freiflächen sowie Naherholungs- und Begegnungsräume in denen sie sich in ihrer Freizeit gern aufhalten und soziale Kontakte pflegen können.
So nimmt die Idee der 15-Minuten-Stadt zunehmend Fahrt auf. Die „15-Minuten-Stadt“ ist ein stadtplanerisches Konzept, das vor allem aufgrund des Pandemiegeschehens in Großstädten wie Paris, Kopenhagen oder Berlin auf großes Interesse gestoßen ist. Im Wesentlichen beinhaltet es Überlegungen, Strategien und Maßnahmen, Städte durch die Dezentralisierung von Dienstleistungen wieder lokaler zu gestalten. Das heißt: Eine gute Infrastruktur mit einer Fülle an verschiedenen Angeboten soll nicht allein den Innenstädten vorbehalten, sondern auch in jedem einzelnen Stadtviertel oder Quartier vorhanden sein. In der Stadt der kurzen Wege soll es den Bewohnern möglich sein, innerhalb kürzester Zeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeitsstätte inkl. Co-Working-Space, der Wohnung und zu den verschiedenen Freizeitmöglichkeiten zu gelangen. Einem modernen, gut gestalteten und in sich schlüssigen Quartierskonzept ist insofern eine enorme Bedeutung für die künftige Stadtentwicklung sowie die Bindung von Mietern, aber auch der Anziehungskraft für neue Bewohner beizumessen.
RA Martin Alter: Ein sehr wichtiges Thema ist die Mobilität. Welche Schritte führen aus der Abhängigkeit des persönlichen Automobils hin zu einer nachhaltigen, innovativen Mobilität?
Thomas Naumann: Das Mobilitätsverständnis der Menschen verändert sich. Vor allem junge Menschen haben einen ganz anderen Bezug zur Mobilität und wünschen sich nachhaltige Lösungen. Die Mobilität steht im Wandel. Der Transformationsprozess von einer autogerechten zu einer mobilitätsgerechten Stadt sollte generationsübergreifend gelingen. Daher ist es nicht die Lösung, Autos zu verdammen, sondern Angebote für eine flexible Mobilität zu schaffen. Der Verkehrssektor zählt zu den Hauptverursachern für Treibhausgasemissionen. Dabei ist der höchste Anteil der Emissionen im Verkehr auf den Straßenverkehr und hier insbesondere auf den PKW-Verkehr zurückzuführen. Seit 1990 ist im Verkehrssektor eine Zunahme der Treibhausgase um rund 57% zu verzeichnen.
Eine mobilitätsgerechte Stadt legt den Schwerpunkt auf den Ausbau und die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs, einschließlich Straßenbahnen, Bussen, U-Bahnen sowie Fuß- und Fahrradwegen. Weiterhin sind flächendeckende Angebote von Sharing-Konzepten und der Ausbau von E-Lademöglichkeiten mit grünem, verbrauchernah erzeugtem Strom erforderlich. Überlegungen, das Auto komplett aus dem Stadtquartier zu nehmen und z.B. in Mobility-Hubs am Rand des Stadtquartiers unterzubringen, sind ebenfalls zu fördern und zu unterstützen. Die genannten, verschiedenen Maßnahmen könnten nicht nur die Umweltbelastung reduzieren, sondern erhöhen auch die Zugänglichkeit und Lebensqualität für alle Bürger. Fußgängerfreundliche Straßen, Grünflächen und verkehrsberuhigte Zonen schaffen eine angenehme Atmosphäre und fördern das soziale Miteinander.
Martin Alter: Nun ist die finanzielle Lage der Immobilienbranche durch die Kostensteigerungen der letzten Jahre sehr angespannt. Welche Möglichkeiten sehen Sie, den notwendigen Umbau zu finanzieren? Gibt es derzeit geeignete Förderprogramme?
Thomas Naumann: Der Immobilien- und Wohnungsmarkt unterliegt – wie man aktuell eindrucksvoll beobachten kann – sehr starken Schwankungen und z.T. erheblichen Verwerfungen. Zunächst prägten Materialengpässe und starke Preiserhöhungen für Baumaterial und Leistungen die Situation. Nun kommen aktuell noch hohe Zinsen, die den Immobilien- und Wohnungsmarkt durcheinanderwirbeln, dazu. Gegenüber dem Vorjahr fallen einerseits die Immobilienpreise, andererseits steigen die Mieten insbesondere bei Neuverträgen. Gleichzeitig stockt der Neubau. Der Investitionsstau bei den Altbeständen der Gebäude wird immer sichtbarer. Die Immobilienbranche ist zudem aufgefordert, Lösungen für nachhaltige Gebäudesanierungen zu entwickeln. Die Betriebs- und Nebenkosten für die Mieter sollen möglichst stabil bleiben und durch alternative Konzepte u.U. sogar gesenkt werden.
Der Bund hat verschiedene Förderprogramme aufgelegt, wie beispielsweise die Förderung der Energieberatungen für Wohngebäude, die Bundesförderung für effiziente Gebäude – speziell für Einzelmaßnahmen (BEG EM) oder die Bundesförderung für effiziente Wohngebäude (BEG WG). Ganz aktuell: Ab dem 20. Februar 2024 können bei der KfW wieder Förderanträge für den klimafreundlichen Neubau, den altersgerechten Umbau und das genossenschaftliche Wohnen gestellt werden.
Martin Alter: Wie können wir Lebensräume für Menschen besser auf die negativen Folgen des Klimawandels vorbereiten?
Thomas Naumann: Der Klimawandel, der unter anderem mit Starkregen, Hitzerekorden, Unwetter und längeren Trockenperioden auf sich aufmerksam macht, lässt keine Wahlmöglichkeit mehr zu. Städte und Kommunen müssen umdenken. Die Städte der Zukunft sind grün. Das Grün in der Stadt wird zum Standortfaktor. Für eine nachhaltige, resiliente, gesundheitsfördernde und zukunftsfähige Stadt benötigen wir einen dahingehenden Stadtumbau.
Innenstädte und Stadtquartiere werden durch die Erweiterung und Neuanlage von Parks und Grünflächen, das Anpflanzen von Bäumen sowie eine nachhaltige Bewirtschaftung der Stadtwälder umgestaltet. Gebäude sollen durch Dach- und Fassadenbegrünungen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels leisten. Urban-Farming sowie -Gardening-Projekte ergänzen diese Konzepte und stärken gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl in den Quartieren. Wir benötigen insofern stadtraumbezogene Maßnahmenpakete der öffentlichen Hand aber auch vielschichtige kleinteilige Initiativen der Bewohner vor Ort, um den erleb-, fühl- und messbaren Hitzestau in der Stadt zu regulieren und notwendige Anpassungen vornehmen zu können.
Darüber hinaus soll eine nachhaltig ausgerichtete Quartiersentwicklung zur Senkung der Emissionswerte und des CO2-Ausstosses beitragen. Finanzierbare Lösungen für energetische Gebäudesanierungen, die Erzeugung von grünem Strom und intelligente Schwammstadtkonzepte zur Speicherung von Regenwasser sind nur einige der Themen, die Städte und Wohngebiete klimaresilienter werden lassen.
Aber auch hier wird klar: Die künftige Stadtentwicklung erfordert die konsequente Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips. Dabei sollen insbesondere die Stadtbewohner und Bürger Eigeninitiativen und Verantwortung für die nachhaltige Quartiersentwicklung und -gestaltung übernehmen. Dafür ist die Identifikation der Bewohner mit ihrem Stadtquartier eine wichtige Voraussetzung. So können z.B. Patenschaften für Pflanz- und Gemüsebeete, Bäume und Bänke übernommen werden. In Form von Reallaboren und Workshops können die Bewohner bei geplanten Veränderungen im unmittelbaren Wohnumfeld sensibilisiert und aktiv eingebunden werden. Das schafft Akzeptanz und Identifikation. Das Bereitstellen von Flächen zum Experimentieren, das Schaffen von Quartierstreffpunkten, die Förderung von Renaturierungs- und Begrünungsinitiativen stärkt das Gemeinschaftsgefühl und die Idee, selbst Teil der Transformation zu sein.
Als Schnittstelle zwischen Wohnungsgesellschaften und den Mietern könnten ehrenamtlich tätige „Kümmerer“ eingesetzt werden, die als Ansprechpartner und Prozessbegleitende fungieren.
RA Martin Alter: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ansätze für zukünftige städtebauliche Planungen?
Thomas Naumann: Die Ansprüche an das Leben in Städten und an die Gestaltung des Lebensraums Stadt befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel. Um den sich verändernden Bedürfnissen von Mensch und Umwelt in den Städten gerecht zu werden, reicht die Aneinanderreihung serieller, funktionaler Architektur nicht mehr aus.
Nicht nur die Sicherstellung der Daseinsvorsorge im Quartier steht im Mittelpunkt der Stadtplanung, sondern auch die bewusste Konzeption von nachhaltigen Lösungsansätzen zur Um- und Neugestaltung von Innenstädten sowie Stadt- und Wohngebieten. Umwelt- und Klimaschutz sowie Anpassungen an die Folgen des Klimawandels nehmen inzwischen eine überragende Rolle bei der Erstellung von städtischen Planungs- und Entwicklungskonzepten ein.
Insbesondere der öffentliche Raum ist gerecht, multifunktional, ästhetisch hochwertig und grün zu gestalten, um ein vielschichtiges und lebendiges städtisches Leben ermöglichen zu können. Einwohner, Besucher und Touristen sollen eingeladen werden, sich wohlzufühlen und urbane Räume erleben zu können. Wir müssen Mobilitätskonzepte neu denken, Arbeiten und Wohnen wieder stärker zusammenbringen und die Menschen nach der Coronapandemie wieder in den öffentlichen Raum zurückholen.
RA Martin Alter: Wie sieht Ihre Vision von einem zukunftsfähigen Quartier aus?
Thomas Naumann: Aus dem Blickwinkel eines Stadtplaners bedeutet „Genius Loci“, den Geist eines Ortes zu erfassen und verstehen zu können. In der Architektur und Raumplanung beinhaltet dieser Begriff insbesondere bauliche Merkmale und Besonderheiten eines Ortes, die maßgeblich entwurfsbestimmend sind. Jedes Grundstück oder gesamtheitlich gesehen das Stadtquartier definiert sich zunächst aus seiner Lage und der Einbettung in die jeweilige Umgebung. Daraus generiert und gewinnt der Ort seine individuelle Wertigkeit, seinen Charakter und seine Nutzungsmöglichkeiten. Von der Atmosphäre und Aura des Ortes nun zur Vision: Nachhaltiges Bauen, Berücksichtigung ästhetischer, stadtbildprägender Architektur im Spannungsbogen zu einer grün-blauen Infrastruktur, Barrierefreiheit, innovative und flexible Wohnungskonzepte, Integration von Co-Working, kleinteiligen Handwerksunternehmen und Gewerbeflächen – der kreativen Gestaltung zukunftsfähiger Quartiere sind keine Grenzen gesetzt.
RA Martin Alter: Wie können Sie als Planungsbüro Wohnungsunternehmen unterstützen und begleiten? Wo sind Ihre Schwerpunkte?
Thomas Naumann: Unternehmerische Entscheidungen in der Wohnungswirtschaft stehen in einem Spannungsfeld von sozialen, ökologischen und kulturellen Ansprüchen an den Wohnungsbau einerseits und der betriebswirtschaftlichen Rentabilität andererseits.
Unser Planungsbüro verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz im Bereich der Stadt- und Bauleitplanung. Unsere Kernkompetenz und Expertise besteht in der Konzepterstellung mit Bestandsaufnahmen, Analysen, Bewertungen, Stärken-Schwächen-Betrachtungen sowie der Formulierung von Entwicklungszielen inkl. priorisierender Maßnahmenkataloge. Beratungsleistungen, Moderationen, Koordinierungen sowie die Übernahme und Steuerung von Partizipationsprozessen runden unser Angebot ab.
Wir erstellen informelle Konzepte, städtebauliche Entwürfe und Rahmenpläne, Machbarkeitsstudien und Modellvorhaben. Daneben haben wir viel Erfahrung im Bereich der vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplanung (Flächennutzungspläne und Bebauungspläne). Besonders hervorzuheben sind regionale Kompetenzen, die wir bei der Erarbeitung und Begleitung von LEADER-Konzepten erworben haben.
Wir haben uns in den zurückliegenden zwei Jahren personell neu aufgestellt und sind ein interdisziplinäres Team, das die stadtplanerischen Themenstellungen in ihrer Komplexität und Vielfalt beleuchten, analysieren und konzeptionell gestalten kann.
Unser Team ist ein kreativer Mix aus sehr erfahrenen Mitarbeitern und Hochschulabsolventen der unterschiedlichsten Hoch- und Fachschulen bzw. Fakultäten mit den Schwerpunkten Architektur, Stadt-, Regional- und Raumplanung, Landschaftsarchitektur, Geoökologie sowie Urbanistik. Im vergangenen Jahr haben wir einen jungen und ambitionierten Klimaschutzplaner und Hochschulabsolventen der TU Freiberg in unser Team aufgenommen. Ganz aktuell ist eine junge Landschaftsarchitektin, die vor einiger Zeit bereits ein Praktikum in unserem Büro absolvierte, nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums wieder nach Chemnitz zurückgekehrt und wird als Landschaftsarchitektin unser Leistungsspektrum wirkungsvoll ergänzen.
RA Martin Alter: Partizipation, also Einbeziehung der Bewohner, Nutzer des Quartiers ist wichtig für die Akzeptanz von Umbaumaßnahmen und auch für die Identifikation mit dem Zuhause. Welche Ansätze sind aus Ihrer Sicht am besten geeignet, Bewohner und Nutzer abzuholen und mitzunehmen bei den notwendigen Maßnahmen?
Thomas Naumann: Bis in die 1990er Jahre wurden Städte weitestgehend durch Politik, Verwaltungen und einbezogene Dienstleister beplant und gestaltet. Bürger und die Öffentlichkeit waren nur Zuschauer und mussten sich dann häufig mit den getroffenen Entscheidungen zufrieden geben. Unter Anwendung des sogenannten „Top-Down-Prinzips“ wurden Planungen erstellt und Projekte umgesetzt.
Doch wer genauer hinschaut und sich für die Entwicklung von Städten interessiert, wird zunehmend feststellen: Die Bürger können und sollen Planungsprozesse aktiv mitgestalten und ihre eigenen Vorstellungen und Kompetenzen einbringen. Dabei ist ein partizipativer Ansatz (Bottom up) notwendig, um Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung der Bevölkerung und Einwohner einwerben zu können.
Heute engagieren sich Bürger bereits innerhalb von Förderprogrammen wie der „Sozialen Stadt“ oder innerhalb ihrer Wohnquartiere mit hohem Entwicklungs- bzw. Erneuerungsbedarf.
Für eine erfolgreiche Partizipation und die Umsetzung individueller Lösungsansätze ist es von essenzieller Bedeutung, die Bewohner, die verantwortlichen Akteure der Wohnungsgenossenschaften und engagierte Planer zusammenzubringen, um nachhaltige Quartiersentwicklungen anstoßen und umsetzen zu können. Um die anstehenden komplexen Herausforderungen zur nachhaltigen und innovativen Umstrukturierung und Neuausrichtung in den Quartieren bewältigen zu können, sollten wir Experimente wagen, Reallabore und zeitweilige Aktionen durchführen. Nur so werden wir gemeinsam erfolgreich sein.
RA Martin Alter: Vielen Dank, Herr Naumann, für das aufschlussreiche Gespräch.